Foto: Kirsten Oborny, Stuttgart

Bedeutet »Evidenzbasierte Medizin« »wissenschaftliche Medizin«?

Nein!

Evidenzbasierte Medizin (EbM) wird nach der Definition des kanadischen Wissenschaftlers David L. Sackett und des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) so definiert:

„EbM ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten.“ (1)

EbM basiert auf drei Grundprinzipien:

1. Wissenschaftliche Evidenz durch Studien und Literatur
2. Klinische Erfahrung und Expertise des Therapeuten
3. Berücksichtigung der Bedürfnisse und Erfahrungen des Patienten

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) betont die Bedeutung der Erfahrung der Behandelnden. Um ihre Patientinnen und Patienten medizinisch gut zu versorgen, verlassen sich Ärztinnen und Ärzte neben ihrer Erfahrung und ihrem Fachwissen auf wissenschaftlich fundierte Empfehlungen der evidenzbasierten Medizin. Dabei werden auch die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten berücksichtigt. (2)

Gute und fundierte Aufklärung ist dabei unerlässlich:
„Verlässliche und verständliche Gesundheitsinformationen helfen Betroffenen, sich zu ihren gesundheitlichen Fragen zu informieren, damit sie über ihre Behandlung mitentscheiden können.“ (3)

Von zentraler Bedeutung für die evidenzbasierte Medizin ist die Kombination aus klinischem Fachwissen und Erfahrungen der Behandelnden und dass sie die Präferenzen der Patientinnen und Patienten berücksichtigen.

Die wissenschaftliche Evidenz ist damit nur eine von mehreren Säulen der EbM.

„Wissenschaftlich = wahr?“

So einfach ist es nicht.

Wissenschaftliche Erkenntnis unterliegt stetigem Wandel. Manchmal führt sie zu drastischen Fehlurteilen mit weitreichenden Konsequenzen. Ein Beispiel aus der Medizingeschichte: Neugeborene wurden bis in die 1980er Jahre ohne Narkose operiert, denn es galt als wissenschaftlich gesichert, dass Babys keine Schmerzen empfinden können. Neuere Untersuchungen an Babys belegten: Das Schmerzempfinden von Babys ist sogar um ein Vielfaches stärker als das von Erwachsenen. (4)

Das bedeutet: Eine Annahme, die heute noch nicht wissenschaftlich nachweisbar ist, kann trotzdem wahr sein.
Quellen

(1) David Sackett et al. 1996: Evidence based medicine: what it is and what it isn’t. BMJ 312: 71-72

(2) Evidenzbasierte Medizin (EbM) https://gesund.bund.de/evidenzbasierte-medizin-ebm

(3) Evidenzbasierte Medizin (EbM) https://gesund.bund.de/evidenzbasierte-medizin-ebm

(4) Neugeborene fühlen Schmerzen stärker als Erwachsene, Ärzteblatt, April 2015,
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/62565 (Abrufdatum 1.5.2023)

Bildquellen: © Foto: Kirsten Oborny, Stuttgart | Grafik: Flaticon, Claudia Schlutter

Eine Säule der Evidenzbasierten Medizin ist der Wunsch der Patientinnen und Patienten. Ein umfangreiches Aufklärungsgespräch ist hierfür die Basis. (Foto: Kirsten Oborny)

Achtung Verwechslungsgefahr! »Evidenzbasierte Medizin« ist nicht »wissenschaftliche Medizin«!

Der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit ist nur eine von drei Säulen der Evidenzbasierten Medizin (EbM)

Immer wieder wird der Heilpraktikerschaft vorgeworfen, ihre Diagnose- und Therapieverfahren seien nicht evidenzbasiert – und das klingt so, als ob diese Methoden allesamt nicht wissenschaftlich anerkannt seien. Auch fordern Politiker regelmäßig, dass ausschließlich evidenzbasierte medizinische Maßnahmen durchgeführt werden.

Doch Vorsicht! Hier gibt es oft Missverständnisse, denn die Begriffe „wissenschaftlich bewiesen“ und „evidenzbasiert“ bedeuten keineswegs das Gleiche!

Die Wissenschaftlichkeit bzw. der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit eines Verfahrens ist nämlich nur eine von drei Säulen der sogenannten Evidenzbasierten Medizin (EbM). Von zentraler Bedeutung für die evidenzbasierte Anwendung eines medizinischen Verfahrens in der heilpraktischen oder ärztlichen Praxis ist die Kombination aus dem klinischem Fachwissen und den Erfahrungen der Behandelnden, die außerdem bei der Wahl ihrer Therapieverfahren die Präferenzen der Patientinnen und Patienten berücksichtigen.

Erfahrung bahnt oft den Weg für Wissenschaftlichkeit

Es gibt zahlreiche traditionelle und moderne, komplementäre Methoden, deren Wirksamkeit durch randomisierte klinische Studien belegt und die sogar von der UNESCO oder der WHO anerkannt sind. Dass eine Methode (noch) nicht anerkannt oder ihre Wirksamkeit (noch) nicht durch Studien bestätigt wurde, heißt nicht automatisch, dass sie nicht wirksam ist.

Erfahrungsheilkundler sind oft die Vorreiter therapeutischer Methoden. Zwei Beispiele: Die Mikrobiologische Therapie zur Wiederherstellung eines gesunden Darmmilieus („Wiege der Gesundheit“) und die Einbeziehung der Faszientherapie in die Behandlung von Schmerzen haben in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erfahren. Mittlerweile gibt es zur Wirksamkeit viele Belege durch Studien. Die universitär-wissenschaftliche Medizin nimmt diese Erkenntnisse nun gerne für sich in Anspruch. Dabei sollte jedoch nicht übersehen werden, dass diese Verfahren schon seit Jahrzehnten sehr erfolgreich in Heilpraktikerpraxen eingesetzt werden, weil sie erfahrungsgemäß gut wirken und weil die Patientinnen und Patienten sich auf der Basis eines umfassenden Aufklärungsgespräches für diese Verfahren entscheiden.

Lesen Sie hierzu die Stellungnahme der Gesamtkonferenz Deutscher Heilpraktikerverbände & Fachgesellschaften, in der diese Begriffe verständlich erläutert werden und deren Definition mit anerkannten Quellen belegt werden.

Quellen:

David Sackett et al. 1996: Evidence based medicine: what it is and what it isn’t. BMJ 312: 71-72
Evidenzbasierte Medizin (EbM) https://gesund.bund.de/evidenzbasierte-medizin-ebm

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Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärtern

Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz

Bekanntmachung von Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärtern nach § 2 des Heilpraktikergesetzes in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Buchstabe i der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz

Das Bundesministerium für Gesundheit macht nachstehend die Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärtern nach § 2 des Heilpraktikergesetzes in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Buchstabe i der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz (Anlage) bekannt:
Die Leitlinien treten am 22. März 2018 in Kraft.

Bonn, den 7. Dezember 2017 Bundesministerium für Gesundheit

Im Auftrag
A. Becker

www.bundesanzeiger.de

Veröffentlicht am Freitag, 22. Dezember 2017
BAnz AT 22.12.2017 B5

Heilpraktikerüberprüfungsleitlinien

Gemäß § 2 Absatz 1 Satz 2 der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2122-2-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 17f in Verbindung mit Artikel 18 Absatz 4 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3191) geändert worden ist, hat das Bundesministerium für Gesundheit unter Beteiligung der Länder Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern zu entwickeln. Sie dienen als Grundlage für die Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten einer Heilpraktikeranwärterin oder eines Heilpraktikeranwärters und damit als Grundlage für die Entscheidung, ob die Ausübung der Heilkunde durch die betreffende Person eine Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung oder der sie aufsuchenden Patientinnen und Patienten erwarten lässt.

Das Heilpraktikergesetz und die Erste Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz gelten als vorkonstitutionelles Recht fort und berechtigen durch die Heilpraktikererlaubnis zur Ausübung von Heilkunde. Diese Berechtigung gilt jedoch nicht unbeschränkt; Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker dürfen nur in dem Umfang Heilkunde ausüben, in dem von ihrer Tätigkeit keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für Patientinnen und Patienten ausgeht. Sie müssen Arztvorbehalte beachten und sich auf die Tätigkeiten beschränken, die sie sicher beherrschen. Die Feststellung, ob die Anwärterinnen und Anwärter den Rechtsrahmen kennen und beachten, ist Gegenstand der Überprüfung beim zuständigen Gesundheitsamt beziehungsweise bei der nach Landesrecht zuständigen Stelle (zuständige Stelle) und Voraussetzung für die Erteilung der Heilpraktikererlaubnis.
Das Bundesministerium für Gesundheit hatte am 2. September 1992 gemeinsam mit den Ländern entwickelte „Leitlinien für die Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern gemäß § 2 Absatz 1 Buchstabe i der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz“ veröffentlicht, die seither als Grundlage der Heilpraktikerüberprüfungen dienen, ohne dass sie rechtlich verbindlich sind.

Die bis heute andauernden Diskussionen über den Heilpraktikerberuf, die sich immer wieder auch mit den Grenzen der Tätigkeit von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern befassen, haben den Gesetzgeber veranlasst, eine Weiterentwicklung der oben genannten Leitlinien vorzuschreiben, die stärker als bisher auf eine bundesweit einheitliche Heilpraktikerüberprüfung abzielt und dabei den Schutz der einzelnen Patientin oder des einzelnen Patienten deutlicher als bisher in den Blick rückt.

Dementsprechend beinhalten die nachfolgenden Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärtern Vorgaben zur formellen und inhaltlichen Gestaltung der Überprüfung. Sie orientieren sich am Ziel der Gefahrenabwehr und sollen die Feststellung ermöglichen, ob die Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärter die Grenzen ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten zuverlässig einschätzen, sich der Gefahren bei Überschreitung dieser Grenzen bewusst und bereit sind, ihr Handeln angemessen daran auszurichten. Damit dies gelingt, bedarf es sowohl einer Überprüfung der rechtlichen wie medizinischen Kenntnisse der Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärter, aber auch einer der späteren Tätigkeit entsprechenden Demonstration von Fertigkeiten in der praktischen Anwendung dieser Kenntnisse.

Ihre Grenze findet die Leitlinie dort, wo sie über die Mindestanforderungen an die Überprüfung hinausgeht und in Durchführungskompetenzen der Länder eingreift. Sie kann weiterhin nicht Anforderungen an den Heilpraktikerberuf stellen, die dem Parlamentsvorbehalt unterliegen, nach dem der Gesetzgeber aufgrund des Rechtsstaatsprinzips und des Demokratiegebots verpflichtet ist, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen.

Dementsprechend werden Vorschläge zur Festlegung einer einheitlichen Berufsbezeichnung bei einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis oder zur Regelung von angemessenen Kenntnissen der deutschen Sprache nicht aufgegriffen.

Aufgegriffen wird die Bitte der Länder, auch für die Überprüfung von Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärtern, die eine – nach der Rechtsprechung zugelassene – sogenannte sektorale Heilpraktikererlaubnis anstreben, einheitliche Vorgaben für die Durchführung entsprechender Überprüfungen vorzusehen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass damit keine Bestätigung von sektoralen Heilpraktikererlaubnissen als solchen verbunden ist.
Die Länder sind an der Erarbeitung der nachfolgenden Vorgaben zur Heilpraktikerüberprüfung beteiligt gewesen. Ergänzende Regelungen der Länder zum Vollzug der Leitlinien sind nicht ausgeschlossen.

Ziel der Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der antragstellenden Person ist es festzustellen, ob von ihrer Tätigkeit bei der Ausübung von Heilkunde eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung im Allgemeinen oder die Patientinnen und Patienten im Besonderen ausgehen kann. Dementsprechend ist bei den nachfolgenden Gegenständen der Überprüfung insbesondere darauf zu achten, dass die antragstellende Person die Grenzen ihrer persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten kennt, sich der Gefahren im Falle ihrer Überschreitung bewusst und bereit ist, ihr berufliches Handeln danach auszurichten.

1.1 Rechtliche Rahmenbedingungen

1.1.1 Die antragstellende Person kennt das Gesundheitssystem in Deutschland in seinen wesentlichen Strukturen und weiß um die Stellung des Heilpraktikerberufs in diesem System.

1.1.2 Die antragstellende Person kennt die für die Ausübung des Heilpraktikerberufs relevanten Rechtsvorschriften aus dem Straf- und Zivilrecht sowie aus anderen einschlägigen Rechtsgebieten, insbesondere das Heilpraktikergesetz, das Patientenrechtegesetz, das Heilmittelwerbegesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und ist in der Lage, ihr Handeln im Interesse des Patientenschutzes nach diesen Regelungen auszurichten.

1.1.3 Die antragstellende Person kennt die medizinrechtlichen Grenzen sowie Grenzen und Gefahren allgemein üblicher diagnostischer und therapeutischer Methoden bei der Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten aufgrund von Arztvorbehalten insbesondere im Bereich des Infektionsschutzes, im Arzneimittel- oder Medizinprodukterecht und ist in der Lage, ihr Handeln nach diesen Regelungen auszurichten.

1.1.4 Die antragstellende Person kann ihre eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zutreffend einschätzen; sie weiß insbesondere über die Grenzen ihrer Fähigkeiten auch mit Blick auf ihre haftungsrechtlichen Verantwortlichkeiten Bescheid.

1.2 Qualitätssicherung

1.2.1 Der antragstellenden Person sind die Grundregeln der Hygiene einschließlich Desinfektions- und Sterilisationsmaßnahmen bekannt; sie ist in der Lage, diese bei der Ausübung des Berufs zu beachten.

1.2.2 Die antragstellende Person ist sich der Bedeutung von Qualitätsmanagement und Dokumentation bei der Berufsausübung bewusst; sie ist in der Lage, diese Kenntnisse bei der Ausübung des Berufs zu beachten.

1.3 Notfallsituationen

Die antragstellende Person ist in der Lage, Notfallsituationen oder lebensbedrohliche Zustände zu erkennen und eine angemessene Erstversorgung sicherzustellen.

1.4 Kommunikation

1.4.1 Die antragstellende Person verfügt über die für eine Ausübung des Heilpraktikerberufs notwendigen Kenntnisse in der medizinischen Fachterminologie.

1.4.2 Die antragstellende Person kann aufgrund dieser Kenntnisse angemessen mit Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen kommunizieren und interagieren.

1.4.3 Die antragstellende Person ist im Rahmen ihrer Stellung im Gesundheitssystem in der Lage, sich mit anderen Berufsgruppen und Institutionen im Gesundheitswesen fachbezogen zu verständigen.

1.5 Medizinische Kenntnisse

1.5.1 Die antragstellende Person verfügt über die zur Ausübung des Heilpraktikerberufs notwendigen Kenntnisse der Anatomie, pathologischen Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie sowie Pharmakologie.

1.5.2 Die antragstellende Person verfügt über die zur Ausübung des Heilpraktikerberufs notwendigen Kenntnisse der allgemeinen Krankheitslehre sowie akuter und chronischer Schmerzzustände.

1.5.3 Die antragstellende Person verfügt über die zur Ausübung des Heilpraktikerberufs notwendigen Kenntnisse zur Erkennung und Behandlung von physischen und psychischen Erkrankungen bei Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen, insbesondere in den Bereichen von
– Erkrankungen des Herzes, Kreislaufs und der Atmung
– Erkrankungen des Stoffwechsels und des Verdauungsapparats
– immunologischen, allergologischen und rheumatischen Erkrankungen
– endokrinologischen Erkrankungen
– hämatologischen und onkologischen Erkrankungen
– Infektionskrankheiten
– gynäkologischen Erkrankungen
– pädiatrischen Erkrankungen
– Schwangerschaftsbeschwerden
– neurologischen Erkrankungen
– dermatologischen Erkrankungen
– geriatrischen Erkrankungen
– psychischen Erkrankungen
– Erkrankungen des Bewegungsapparats
– urologischen Erkrankungen
– ophtalmologischen Erkrankungen
– Erkrankungen des Halses, der Nase und der Ohren.

1.6 Anwendungsorientierte medizinische Kenntnisse

1.6.1 Die antragstellende Person ist in der Lage, ärztliche Befunde und Befunde anderer Berufsgruppen einschließlich der in den Befunden enthaltenen Laborwerte zu verstehen, zu bewerten und diese Bewertung im Rahmen der eigenen Berufsausübung angemessen zu berücksichtigen.

1.6.2 Die antragstellende Person ist in der Lage, eine vollständige und umfassende Anamnese einschließlich eines psychopathologischen Befundes zu erheben und dem Heilpraktikerberuf angemessene Methoden der Patientenuntersuchung anzuwenden.

1.6.3 Die antragstellende Person ist unter Anwendung ihrer medizinischen Kenntnisse, unter Einbeziehung vorliegender Befunde, gestützt auf ihre Anamnese und im Bewusstsein der Grenzen ihrer diagnostischen und therapeutischen Methoden sowie möglicher Kontraindikationen in der Lage, eine berufsbezogene Diagnose zu stellen, aus der sie einen Behandlungsvorschlag herleitet, der keine Gefährdung der Patientengesundheit erwarten lässt.

1.6.4 Die antragstellende Person ist insbesondere dann, wenn der Behandlungsvorschlag die Anwendung invasiver Maßnahmen beinhaltet, in der Lage zu zeigen, dass sie diese Maßnahmen ohne Gefährdung der Patientengesundheit anwenden kann.

1.6.5 Enthält der Behandlungsvorschlag der antragstellenden Person Maßnahmen, die den alternativen Therapieformen zuzurechnen sind, erklärt sie die vorgeschlagenen Maßnahmen und ist auf Nachfrage in der Lage zu zeigen, dass sie diese ohne Gefährdung der Patientengesundheit anwenden kann.
Wird eine sogenannte sektorale Heilpraktikererlaubnis beantragt, haben sich die in Nummer 1 genannten Inhalte der Überprüfung gezielt darauf zu erstrecken, ob von der Ausübung der Heilkunde durch den Betroffenen eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten in dem sektoralen Bereich ausgeht, für den die Heilpraktikererlaubnis beantragt wird. Dabei ist insbesondere auch zu überprüfen, ob die antragstellende Person in der Lage ist, die Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden aus dem für die sektorale Heilpraktikererlaubnis einschlägigen Bereich von den Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden zu unterscheiden, die außerhalb dieses Bereichs liegen. Verfügt die antragstellende Person über eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem für die sektorale Heilpraktikererlaubnis einschlägigen bundesgesetzlich geregelten Heilberuf, kann die Überprüfung auf Kenntnisse und Fähigkeiten beschränkt werden, mit denen die antragstellende Person zeigt, dass sie in der Lage ist, die Lücke zwischen der vorhandenen Berufsqualifikation und der eigenverantwortlichen Ausübung von Heilkunde zu schließen, wobei diese Beschränkung insbesondere in einem Verzicht auf einen schriftlichen Teil der Überprüfung zum Ausdruck kommen kann.

2.1 Zuständigkeiten

Die Zuständigkeit für die Durchführung der Heilpraktikerüberprüfung liegt bei den zuständigen Stellen der Länder. Eine Zentralisierung der Überprüfungen ist anzustreben, um die Überprüfungen formell und inhaltlich landeseinheitlich durchführen zu können. Die Länder sollen daher die Durchführung der Heilpraktikerüberprüfung auf eine oder einige wenige zuständige Stellen pro Land konzentrieren.

2.2 Form

Die Überprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlich-praktischen Teil. Der schriftliche Teil wird zeitlich vor dem mündlich-praktischen Teil durchgeführt.

2.3 Bewertung der Überprüfungsleistungen und Bestehen

Der schriftliche und der mündlich-praktische Teil der Überprüfung werden jeweils mit „bestanden“ oder „nicht bestanden“ bewertet. Besteht die antragstellende Person den schriftlichen oder den mündlich-praktischen Teil der Überprüfung nicht, ist anzunehmen, dass von ihr eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die sie aufsuchenden Patientinnen und Patienten ausgeht.

2.4 Ordnungsverstöße, Täuschungsversuche

Werden bei der Überprüfung von der antragstellenden Person begangene Ordnungsverstöße, Täuschungsversuche oder sonstige Unregelmäßigkeiten festgestellt, wird die Überprüfung beendet und als nicht bestanden bewertet.

2.5 Niederschrift, Prüfungsunterlagen

Über den mündlich-praktischen Teil der Überprüfung ist eine Niederschrift zu fertigen, aus der Gegenstand, Ablauf und Ergebnisse der Überprüfung einschließlich eventueller Stellungnahmen der mitwirkenden Heilpraktikerinnen oder Heilpraktiker sowie etwa vorkommende Unregelmäßigkeiten hervorgehen. Der antragstellenden Person ist auf Antrag Einsicht in ihre Prüfungsunterlagen zu gewähren.

2.6 Mitteilung der Überprüfungsergebnisse

Nach Abschluss jedes Teils der Überprüfung ist die antragstellende Person über das Ergebnis der Überprüfung zu unterrichten.
Die für die Überprüfung zuständige Stelle teilt der für die Erteilung der Erlaubnis zuständigen Behörde alle Ergebnisse der Überprüfung mit.

Der schriftliche Teil der Überprüfung erfolgt auf Grundlage von zur Überprüfung ausgewählten Fragen; die Auswahl der Fragen trifft die oder der von der zuständigen Stelle für die Durchführung der Überprüfung bestimmte Ärztin oder Arzt. Die Aufsichtsführenden werden von der zuständigen Stelle bestellt.
Die antragstellende Person erhält 60 Fragen zur schriftlichen Beantwortung gestellt. Die Fragen stammen aus allen Bereichen der in Nummer 1 aufgeführten Inhalten der Überprüfung.

Für die Fragestellung ist das Antwort-Wahl-Verfahren anzuwenden. Dabei kann die zuständige Stelle die Fragen aus dem Pool einer Stelle beziehen, die von den Ländern insgesamt, von einigen Ländern oder von zuständigen Stellen in den Ländern mit der Entwicklung oder Sammlung von Fragen betraut wurde.

Die Fragen sind klar und verständlich zu formulieren. Sie sind so zu verfassen, dass sie der Zielsetzung der Überprüfung Rechnung tragen, die in der Feststellung besteht, dass die Ausübung der Heilkunde durch die antragstellende Person keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die sie aufsuchenden Patientinnen und Patienten erwarten lässt.

Die schriftliche Überprüfung dauert zwei Stunden.

Die schriftliche Überprüfung ist bestanden, wenn mindestens drei Viertel aller Fragen zutreffend beantwortet worden sind.

Der mündlich-praktische Teil der Überprüfung soll für jede antragstellende Person nicht länger als 60 Minuten dauern.

Bis zu vier antragstellende Personen können gemeinsam überprüft werden.

Der mündlich-praktische Teil der Überprüfung wird von der Ärztin oder dem Arzt abgenommen, die oder den die zuständige Stelle für die Durchführung der Überprüfung bestimmt hat. An dem mündlich-praktischen Teil der Überprüfung sind Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker zu beteiligen. Über die Zahl der teilnehmenden Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker entscheidet die oder der für die Durchführung der Überprüfung bestimmte Ärztin oder Arzt.

Die oder der für die Durchführung der Überprüfung bestimmte Ärztin oder Arzt kann für den Fall, dass eine sogenannte sektorale Heilpraktikererlaubnis beantragt wird, an Stelle von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern andere, für den jeweiligen sektoralen Bereich fachlich geeignete Berufsgruppen am mündlich-praktischen Teil der Überprüfung beteiligen.

Während der mündlich-praktischen Überprüfung hat die antragstellende Person Fragen aus allen Bereichen der in Nummer 1 aufgeführten Inhalte der Überprüfung zu beantworten. Fragen aus dem Bereich Anwendungsorientierte medizinische Kenntnisse“ sollen auch praktische Aufgaben enthalten, die von der antragstellenden Person während der Überprüfung durchzuführen sind.

Bei Einverständnis der antragstellenden Personen, die an der mündlich-praktischen Überprüfung teilnehmen, kann die Überprüfung aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnung ist nach erfolgreichem Abschluss der Überprüfung zu löschen.

Die oder der zur Durchführung der Überprüfung bestimmte Ärztin oder Arzt entscheidet nach Abschluss der mündlich-praktischen Überprüfung über das Ergebnis des mündlich-praktischen Teils der Überprüfung. Sie oder er berät sich dabei mit den an der Überprüfung beteiligten Personen.

Der mündlich-praktische Teil der Überprüfung ist bestanden, wenn die Leistung der antragstellenden Person keine Mängel aufweist, die bei der Ausübung der Heilkunde eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die sie aufsuchenden Patientinnen und Patienten erwarten lassen.

Wird eine sogenannte sektorale Heilpraktikererlaubnis beantragt, gelten die Nummern 2 bis 4 zur Durchführung der Überprüfung entsprechend.

Sowohl im schriftlichen wie im mündlich-praktischen Teil der Überprüfung haben sich die Fragen dabei gezielt auf die in Nummer 1 aufgeführten Inhalte der Überprüfung zu erstrecken, auf die sich die sektorale Heilpraktikererlaubnis bezieht.

Abweichend von Nummer 3 umfasst der schriftliche Teil der Überprüfung 28 Fragen und dauert 60 Minuten.

Abweichend von Nummer 4 dauert der mündlich-praktische Teil der Überprüfung für jede antragstellende Person höchstens 45 Minuten.

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